16. November 2014

Wochenrückblick

Lesezeit: ca. 4 Minuten

Die letzte Woche war wahnsinnig turbulent und schlecht für die Nerven. Erst war ich am Montag beim Jugendamt, weil meine Tochter jetzt mehrere Tage hintereinander abends weinend im Bett saß und sagte, dass ihre Mama sie jedesmal wenn sie dort ist fragt, ob sie nicht zu ihr ziehen will. Angeblich soll sie es ihr sogar mit verschiedenen Argumenten, wie z.B. ihre Freundin aus dem Kindergarten wäre dann an der gleichen Schule, schmackhaft machen wollen.

Also blieb mir nichts anderes übrig als diesen Weg zu gehen. Ich muss sagen ich habe vor meiner Ex-Frau unheimliche Angst, da ich weiß wie sie reagiert und was für eine Art Mensch sie ist. 11 Jahre Beziehung prägen schon ganz schön. 11 Jahre in denen ich im Schatten gelebt habe und im Grunde die passive “weibliche” Rolle übernommen habe. So wie sie mit mir umgegangen ist, ist sie allerdings auch mit den Kindern umgegangen. Aufbrausend, Laut werdend und eben dominant. Nur ihre Meinung zählte und zählt wohl noch immer.

Na ja, egal .. nun bin ich zumindest halbwegs frei von ihr .. und ich muss sehen wie ich meiner Tochter helfen kann. Also wollte ich ein gemeinsames Gespräch mit meiner Ex vor dem Jugendamt. Ließ mir eine Anlaufstelle für Scheidungskinder geben und machte dort einen Termin zum Erstgespräch aus.

Die nächsten Tagen verliefen dann für mich sehr unruhig. Immer hatte ich Angst meine Ex würde sich bei mir melde. Würde auf meiner Arbeit auftauchen und mir eine riese Szene machen. Mich beschimpfen etc. … Das die Motivation zu arbeiten dann gleich gegen Null ging dürfte verständlich sein. So arbeite ich die meiste Zeit nur bis Mittag und ging dann Heim. Aber auch dort fand ich nie wirklich die Ruhe. Ich war so innerlich aufgewühlt. Vielleicht sogar sauer.

Also machte ich das für mich einzig sinnvolle. Ich suchte nach halt und fand sie dann wie schon häufiger in meinem weiblichen ich. Kleidete mich entsprechend, machte Fotos und übte mich im Schminken. Jedes mal, war es ob  eine Zentner schwere Last von mir abfiel. Ich fühlte mich in diesen Momenten gestärkt. Nicht zu letzt, weil ich positives Feedback von meinem Schatz bekam. “Schöne Augen”  zum Beispiel.

War es dann verwunderlich, dass ich mich besonders auf das Treffen der Selbsthilfegruppe am Mittwoch gefreut habe ? Ich wollte einfach nur mal abschalten. Es klappte sogar am Anfang recht gut. Ich hörte fasziniert der Vorstellung der Anwesend zu. Fand viele parallelen zu mir und spürte den ein oder anderen Schmerz den diese Menschen, so wie ich hatten. Es tut zwar gut, zu hören dass ich nicht alleine bin mit den Erfahrungen. Dennoch wünsche ich es niemanden. Es gibt Dinge die man nicht unbedingt braucht.

Das Gruppentreffen verlieft anders als von mir erwartet und war daher vielleicht auch ein klein wenig enttäuschend. Wollte ich doch so dass ein oder andere mit nach Hause nehmen. Zumindest habe ich erfahren, dass es nächstes Jahr einen “kurz Urlaub”, “Ausflug” oder so ähnlich gibt. Klar dachte ich im ersten Moment, wäre ja nicht schlecht, doch dann war mir gleich wieder bewusst, dass meine Tochter auch versorgt werden muss. Also eher nicht. Eine Chance wäre es auf jeden Fall gewesen, ein mal ein paar Tage nur als Blackwitch zu leben.

Nach dem Gruppentreffen ging ich dann mit einem kleineren Kreis noch Essen. Ich versuchte mich zu unterhalten, doch hier holten mich die Probleme meist wieder ein, so dass ich mehr nachdenklich dort saß und vielleicht nicht den glücklichsten Eindruck machte. Schön war es dennoch und ruft nach Wiederholung, auch wenn es recht spät wurde.

Der nächste Tag lief dann auch entsprechend zäh.  Die Müdigkeit war meine ständige Begleiterin und ich war froh, abends endlich zu Hause zu sein. Als wir dann im Bett lagen, kam erst der Anruf meiner Ex-Schwiegermutter und wenig später drauf eine Whatsapp Nachricht von meiner Ex. Sie war seltsamerweise recht ruhig im geschriebenen und wollte sich mit mir zu einem Gespräch ohne Jugendamt treffen. Ich willigte also zu einem Treffen an einem öffentlichen Ort am nächsten Tag ein.

Es war also soweit, das Gespräch stand an. Vielleicht wurde es auch Zeit. Zeit dass ich mich endlich mal gegen sie erhebe und mich schützend vor meine Tochter und mich stelle. Vor allem wenn ich darauf Blicke was ich in meinem Hinterkopf vor habe. Dass ich endlich der Mensch sein kann der ich bin und nicht eine Fassade aus Illusionen aufrecht erhalten muss.

Wir trafen uns am nächsten Tag wie gesagt an einem öffentlichen Ort. Stellte klar, dass wir hier keine schulischen Druck aufbauen und dass wir meine Tochter quasi nur unterstützen und ihr Hilfe anbieten. Danach war sie dann an der Reihe.  Ich erklärte ihr die Sachlage und die Vorwürfe die meine Tochter vorgebracht hatte. Als Antwort erhielt ich, dass es doch ganz anders wäre. Sie würde jedes mal bei ihr weinen wenn sie gehen soll und dann käme das Gespräch eben darauf. Sie erkläre ihr dann aber, dass es nicht gehen würde etc. .. Ich hatte jetzt also zwei genau gegensätzliche Aussagen. Wir einigten uns darauf, dass sie die Tochter zur Probe am Freitag früher abholen könne. Dass sie die Fernsehzeiten beschränkt und dafür mit ihr übt und die Hausaufgaben macht. Sollte es nicht funktionieren muss ich mir was einfallen lassen.  Das Gespräch verlief also so la la.. Man muss eben Kompromisse machen und hoffen dass es das Richtige für das Kind ist.

Was mich allerdings doch etwas schockierte: Angeblich hätte sich meine Tochter beschwert, dass ich schwarzen Nagellack zu einem (Metall/Gothic)-Konzert getragen habe und dass sie sich sehr geschämt haben soll. Fraglich ob das der Wahrheit entspricht. Schließlich weiß ich dass meine Ex-Schwiegermutter sehr spießig ist und diese wahrscheinlich mehr Anstoß dran genommen hat. Ich bekam nur in einem sehr ernsten und säuerlich Tonfall unmissverständlich zu verstehen. Ich wäre ein Mann und solle mich auch so benehmen und verhalten.

Ich wollte ihr gleich darauf ins Gesicht sagen, wie schlecht sie mich doch kennt und dass ich kein Mann wäre. Verkniff es mir dann aber doch, da ich in diesem Moment nicht noch andere Baustellen aufreißen wollte. Mir wurde nur mal wieder schmerzlich klar, dass es nicht einfach werden wird und vor allem, dass ich meine Tochter ganz langsam an das Thema und die Option heranführen muss, wenn ich das Gedachte auch in die Tat umsetzen will.

Klar dachte ich auch daran, dass ich zum Schutz des Kindes, die Sache besser sterben lasse. Aber kann ich dass wirklich und wie ist es ? Kommt sie vielleicht mit 8 Jahren nicht noch besser damit klar, als wenn sie mitten in der Pubertät oder sonst wo ist ? Schwierig, schwierig ..

Stichworte: Ich und die Selbsthilfegruppe Transident Transsexuell Wochenrückblick

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