13. Dezember 2014

Es ist geschafft und wie geht es weiter?

Lesezeit: ca. 3 Minuten

Ich habe es doch tatsächlich geschafft und mich bei meinem Vater als trans geoutet. Mein Gott hab ich mir schwer getan. Ich malte mir in meinem Kopf die schlimmsten Horrorszenarien aus, dass er mich verstoßen würde und nie wieder etwas mit mir zu tun haben will. Dementsprechend habe ich es natürlich die letzte Woche immer weiter vor mir hergeschoben, bis ich und meine Partnerin den Entschluss gefasst haben es auf den kommenden Donnerstag festzulegen. Klarer Vorteil, ich konnte so den Termin nicht verschieben ohne mir selber Glaubwürdigkeit zu nehmen.

Die Tage vergingen und Donnerstag rückter immer näher. Am Donnerstag selber spielte dann mein Kreislauf total verrückt. Alles drehte sich in der Früh in meinem Kopf und ich hatte das Gefühl gleich Ohnmacht zu fallen oder wenigsten hinzufallen. Vermutlich war ich aber sogar in Wirklichkeit nicht weit davon entfernt.


Wie fängt man so ein Gespräch an ? Ich wusste es  nicht … Die Zeit kroch nur so vor sich hin und mir fiel und fiel kein möglicher Einstieg in das Gespräch ein. Vor allem wollte ich es ihm so schonen wie möglich erklären. Ich sollte, vielleicht dazu sagen, dass ich nicht so viele Menschen mehr in meinem Leben habe. Und dass ich diese eben auch nicht verlieren möchte.

Ich suchte in den Gesprächen irgendeinen Ansatzpunkt und fand den ersten bei einem Einkauf im Saturn. Dort versuchte ich zum ersten Mal das Thema ins Spiel zu bringen. Allerdings schaffte ich es nur zu einem “wir müssten mal dringend über etwas reden”. Natürlich kniff ich kurz darauf dann gleich wieder, weil ich es dann doch nicht wollte in aller Öffentlichkeit zu erzählen.

Zum Glück dauerte es auch nicht mehr lange, bis ich wieder die Chance hatte das Gespräch erneut aufzugreifen. Wir waren wieder daheim. Meine Partnerin machte sich mittlerweile sorgen, weil sie von mir noch nichts über den Fortschritt vom Outing per Whatsapp-Mitteilung bekommen hatte. Wir saßen zusammen im Wohnzimmer auf dem Sofa und wir unterhielten uns über alles mögliche. Irgendwann hab ich es dann nicht mehr ausgehalten und ich fing wieder an, dass wir über etwas wichtiges reden müssten. Ich stammelte unverständliche Dinge vor mich hin. Brachte das Gespräch in die Richtung: “Ich hoffe, dass was ich dir jetzt sage, wird dich nicht allzu sehr schockieren und ich hoffe, dass du dann trotzdem noch Kontakt zu mir haben möchtest. ” … so in etwa war der Wortlaut. Dann kam es von mir zur einer kurzen Pause und ich tankte noch einmal Kraft: “Ich bin trans und dass wohl schon mein ganzes Leben. Ich bin eigentlich eine Frau aber im falschen Körper gefangen” – Wieder Stille, dies mal von uns beiden.

Panik stieg in mir auf. Wahnsinnige Panik. Doch was kam. Er lachte und fragte mich ob das alles sei.. Alles? Es machte den Anschein, dass er schon immer damit gerechnet hätte, dass irgendwann dieser Punkt kommt. Er nahm es als das Selbstverständlichste der Welt hin. Er meinte nur, dass er dachte es wäre etwas schlimmes wie Krebs oder so was, denn davon hätte er mehr Angst. Sein Kind zu verlieren, als dass es eben trans, schwul oder sonst etwas ist. Was war ich erleichtert. Die ganze Aufregung war im Grunde umsonst.

Wir sprachen jetzt über alles mögliche. Das ich meine Partnerin dennoch heiraten möchte, dass die Hochzeit noch als Mann passieren wird und wohin meine Reise vermutlich führen wird. Vor einer Geschlechts angleichenden Operation hätte er schon gehört, allerdings nur dass danach gefühlsmäßig da unten nichts mehr geht und dass es eben sehr riskant sein. Ich versuchte ihm zu erklären, dass es mittlerweile ganz anders sei und man danach durchaus noch Orgasmen erleben kann. Mit der Ausführung zeigte er sich erstmal zufrieden.

Allerdings konnte ich ihm wohl auch nicht ganz klar machen, dass ich den Weg zur Frau sehr wahrscheinlich einschlagen werde. Für ihn war es nur eine mögliche Option von vielen. Zumindest weiß er, dass ich demnächst einen Termin bei einem Therapeuten ausmachen werde um weiteres abzuklären. Auf jeden Fall hatte ich an keiner Stelle das Gefühl, dass er nicht mit irgendeiner Form meines möglichen Seins nicht zurecht kommen würde.

Außer ggf. seine aktuelle Partnerin, da waren wir uns einig. Diese würde mich wohl als Frau nicht akzeptieren. Aber auch das wäre im egal. Sie muss mich ja nicht besuchen kommen. Was nehme ich also aus diesem Outing mit für mein Leben? Mein Vater steht zu mir egal was ist und wie meine Zukunft aussieht. Dafür bin ich ihm zu tiefst dankbar. Wer weiß was ich mir hätte in meinem Leben ersparen können, wenn ich früher schon so weit gewesen wäre wie heute. Vor allem wenn ich den Mut gehabt hätte. Aber ich will mich nicht beklagen. Schließlich bin ich glücklich so eine tolle Partnerin und so einen tollen Vater zu haben. Ich freue mich auf jeden Fall auf die Reise die vor mir liegt und die ich vor allem jetzt auch ein Stück befreiter antreten kann.

In diesem Sinn in glücklichen Gedanken
Blackwitch

Stichworte: Familie Mein Leben Transfrau Transident

1 Kommentare

Bianca Dickmann
Bianca D.

Moin Blackwitch,

da kann mir dir nur gratulieren zu so einem tollen Vater.Den hätte ich mir damals auch gewünscht. Wobei,manchmal hab ich das Gefühl,daß er sich noch eher dran gewöhnt hat und irgendwie akzeptieren möchte wie meine Mutter und er nur ihr zu liebe weiter die gemeinsame harte Linie vertritt.
Mist… ich glaube,das berührt mich doch immer noch mehr,als ich im Alltag so merke… schnief.. 🙁
LG Bianca

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