8. August 2015

Kleiner Zwischenstand meines TS-Weges

Lesezeit: ca. 4 Minuten

Wer hätte gedacht das es so schnell gehen kann! Mittlerweile ist es über eine Jahr her, dass ich meinen Zusammenbruch hatte, und ich mich dafür entschieden habe es nicht länger zu unterdrücken.  Rückblickend würde ich sagen, es war höchste Eisenbahn. Viel zu viel habe ich mir und anderen abverlangt.  Man möge mir die Zeit verzeihen, in der ich sehr introvertiert und distanziert war. In denen ich viel gegrummelt und gemeckert habe.  Nicht weil ich es böse gemeint habe, sondern einfach weil ich nicht damit zurecht kam, welche Gefühle und Emotionen die jeweilige Situation in mir ausgelöst haben.

Jetzt über ein Jahr später meines TS-Weges ist vieles viel einfacher geworden. Vermutlich auch dank der Hormone. Fakt ist auf jeden Fall, ich bin durch die Hormone redeseliger und offener geworden. Ich versuche nicht mehr ständig mich hinter einer Schutzmauer zu verstecken und alles mit mir alleine auszumachen. Auch mache ich mir keine Vorwürfe mehr in die Richtung: “Hat das jetzt sein müssen. Du bist so ein Idiot” – Weil alles was ich mache bin wirklich ich und ich mache mir keine Gedanken mehr, wie wirkt es auf andere.

Wenn mich jemand fragen würde – Wäre es für Dich eine Option alles ungeschehen zu machen oder umzukehren? Ich würde antworten: “Nein, diese Option gibt es nicht und gab es nicht. So wie es ist ist es richtig und so soll es sein”. Natürlich schmerzt es mich, wenn ich sehe das andere mit meiner Entscheidung zu mir zu stehen Probleme haben oder bekommen.  Und ich würde ihnen zu gerne helfen und ihnen den Schmerz nehmen. Doch kann ich es nicht, weil es dann für mich bedeuten würde die Freiheit und das Lebensgefühl welches ich gewonnen habe wieder aufzugeben.

Selbstverständlich weiß ich auch, dass ich denn Personen nicht abverlangen kann sich gegen die eigene Familie/Partner etc. zu stellen. Darum kann ein wenig Abstand über kürzer und länger auch manchmal ganz gut tut. Zumindest bis sich die Wogen geglättet haben. Ich nehme es denen auf keinen Fall krumm.  Und wie schon einmal an anderer Stelle geschrieben.. meine Tür steht immer und jederzeit offen – genauso wie ich gerne Fragen jeglicher Art beantworte. Es tut weh Menschen ziehen zu lassen. Es tut weh Menschen zu verlieren die man lieb gewonnen hat.  Aber es tut genauso weh sich verbiegen zu lassen.

Es gibt ein Lied von einem Künstler namens ASP das heißt “Ich will brennen” – Ich finde das passt für mich sehr gut. Hört Euch den Liedtext einmal in Ruhe an.

So ich glaube ich mach jetzt einfach mal ein Cut und berichte wieder über schöne Dinge. Mittlerweile bin ich zum wiederholten von offiziellen Stellen angesprochen worden, wie ich in Zukunft genannt werden möchte. So wie vor etwa zwei Wochen. Die Klassenlehrerin meiner Tochter stellte mir die Frage – auch für das Kollegium  und ich antwortete so wie ich es immer mache: “Da ich noch keine Vornamens- und Personenstandsänderung habe, dürfen sie mich nennen wie sie möchten.” – Ich finde die Frage an sich schon total schön und sehr zu vorkommend. Allerdings sollte ich es glaube ich langsam ändern in “Mir wäre Frau das Liebste…” – denn etwas anderes bin ich nicht und die männlichen Bezeichnungen tun nur noch weh, weil sie mich an das erinnern was war.

Versteht mich nicht falsch, nicht dass das Leben vorher furchtbar war. Nur war ich es nie zu 100% ich, auch wenn es mir nicht immer so bewusst war.

Das nächste Positive … Die Blicke der anderen Menschen, die mich durchschauen was ich bin, fangen an mir immer weniger weh zu tun. Klar es ist nicht schön, aber sie werden merklich weniger – ob es durch die Hormone ist sei einmal dahin gestellt. Wobei eine sehr nette Sozialpädagogin (ich hoffe so ist ihre berufliche Bezeichnung) stellte auch für sich fest, das sich mein Körper immer mehr zu Frau entwickelt – wie z.B. Brust – Was ich irgendwie nicht nachvollziehen kann. Ich freue mich aber trotzdem darüber.

Am Freitag stand dann übrigens mal wieder eine Therapie Sitzung an. Es gab halt leider nicht wirklich was zu besprechen. So, dass wir dann eher andere Dinge thematisiert haben, wie den Abgebrochenen Kontakt meiner Ex-Frau zur Tochter, den Beginn meiner Hormonersatztherapie und wie Frau gesund bleibt. Ich ließ mir da dann noch das Indikationsschreiben für die Endokrinologie geben und musste beim Lesen doch recht schmunzeln. “Frau H. kam mit verlängerten Wimpern, Makeup, Damenfrisur und -kleidung zum Erstgespräch.” – Verlängerte Wimpern ? Ne hatte ich noch nie. Aber danke für das indirekte Kompliment.

Am späten Nachmittag waren wir dann noch im Einkaufzentrum bummeln und prompt lief uns meine “Ex”-Schwiegermutter (ich mag das Ex da nicht) über den Weg. Na Klasse, dachte ich mir – gerade ihr wollte ich den Anblick von mir doch erstmal ersparen. Entsprechend wenig konnte ich dann auch meine Freude zeigen, dass ich meine Tochter zu Gesicht bekam, die gerade bei ihrer Mutter ist. Nun hoffe ich einfach, dass es für sie okay und keine zu große Belastung war.

Blackwitch ! Blackwitch fängt schon wieder an sich mehr einen Kopf über andere zu machen wie es ihnen geht, als an sich selbst zu denken. Tja, in diesem Sinn ist das wohl meine am weiblichsten ausgeprägte Eigenschaft. Fürsorglich bis zum letzten Atemzug. Ich finde dennoch es könnte schlimmer sein.

In diesem Sinn bis nächste Woche. Da steht dann mal wieder eine IPL-Bartepilation in Roßtal und ein Selbsthilfegruppenabend an. Wenn meine Tochter bis Samstag wieder da ist, was ich mir ganz arg wünsche weil ich sie schon wirklich furchtbar vemisse , machen wir einen gemeinsamen Ausflug – dazu dann aber ggf. nächste Woche mehr 😉

Bei Allem was du machst und tust – sei Du selbst!

 

 

Stichworte: Mann-zu-Frau MzF Transident Transsexuell TS-Reaktionen TS-Tagebuch

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.