6. Oktober 2014

Rückblende – Teil 2

Lesezeit: ca. 3 Minuten

Im ersten Teil dieser Reihe habe ich von meiner Kindheit von der Geburt bis zum Ende der Grundschulzeit berichtet. Welche Probleme ich hatte und das ich schon damals alles andere als das normale Kind war. Im nun folgenden Abschnitt geht es um meine Zeit in der Realschule und die Pubertät. Viel Spaß

Realschule und Pubertät (1986 – 1992)
1986 wechselte ich von der Grundschule auf die Beobachtungsstufe der Realschule. Die Lehrerin die ich dort bekam, erwies sich als echter Glücksfall. Ich stand das erste Mal nicht mit einer Lehrkraft auf Kriegsfuß. Sie erkannte meine Potentiale. War dennoch besorgt, dass ich  doch recht verschlossen war und mich nie so wirklich aktiv am mündlichen Unterricht beteiligt habe. Ich hatte einfach kein Selbstvertrauen mehr. Sie entdeckte mein Talent für Mathematik förderte es und war sehr stolz, als ich als erster Schüler der Schule später eine eins in Mathematik bekam. Sie förderte meine Hilfsbereitschaft und mein soziales Engagement. Wobei wirklich beliebt, war ich bei den anderen Mitschülern immer noch nicht.

Neben der Schule lief es nun auch etwas besser. Nicht zuletzt dank gewecktem Interesse an Mathematik und den neu aufkommenden Homecomputern (Philips MSX, C64). Ich verbrachte mit einem Freund aus der Grundschulzeit viel viel Zeit mit programmieren und spielen. Lernte viel über logisches Denken und Algorithmen. Eignete mir Schach an und blieb dennoch künstlerisch interessiert.  Die Quälereien der Nachbarskinder ging zurück, alleine dadurch bedingt das ich noch weniger draußen gewesen bin.

Irgendwann begann bei mir, wie bei allen anderen, die Pubertät. Ich war absolut frustriert. Ich rasierte mir früh regelmäßig die Haare weg und fühlte mich dadurch besser. Eines Tages entdeckten nach dem Schwimmunterricht einige Mitschüler was ich mache. Es kam was kommen musste, es fielen Begriffe wie schwul und unmännlich. Ich schämte mich in Grund und Boden. Was sie nicht wussten, ich wollte einfach nicht erwachsen und dadurch zum Mann werden. Auf jeden Fall muss sich zu dieser Zeit auch meine persönliche Abneigung zu mir selbst entwickelt haben. Ich mochte meine veränderte Stimme und das Spiegelbild nicht. Also fing ich an langsam allen Kameras aus dem Weg zu gehen. Nur um nicht irgendwann mit mir selbst konfrontiert zu werden. Furchtbar.

Eines Tages, vermutlich um das zwölfte Lebensjahr – ich war allein daheim – ich schlich mich in das Schlafzimmer meiner Eltern – durchwühlte die Sachen meiner Mutter und zog das erste mal in meinen Leben Frauenkleidung an. Klar waren sie mir viel zu groß. Es folgten mit etwas Abstand – Lippenstift, Nagellack und Makeup. Damals war es einfach toll, diese Sachen auszuprobieren. Dass sich mein inneres eigentlich immer danach gesehnt hat, war mir zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich bewusst. Auch nicht als ich anfing mir ein Schwester zu wünschen oder ich mir vorstellte selbst diese Schwester zu sein.

Wie es nun mal ist, diese Gedanken verflogen wieder – wurden mal stärker und ebbten dann wieder ab. In der Zwischenzeit wurde ich immer besser in der Schule. Wurde durch meine schulischen Leistungen bei meinen Klassenkameraden anerkannt, wenn es auch nur zum Abschreiben war. Die sprachlichen Fächer waren allerdings nicht meins. Es lag meistens nicht an der Rechtschreibung, sondern an der mangelnder Bereitschaft mündlich mitzuarbeiten.

In der achten oder neunten Klasse war es in Hamburg an unserer Schule üblich das die Schüler zum Arbeitsamt fahren und dort prüfen lassen für welchen Beruf sie geeignet sind. Darunter viel damals auch ein Intelligenztest. In meinem Fall ein Intelligenztest mit Folgen. Es passierte dass was keiner erwartet hatte. Meine Eltern bekamen einen Anruf, sie sollen doch bitte mal in die Stadt zu einem persönlichen Gespräch zum Arbeitsamt kommen. Was sie auch taten. Was sie dort allerdings zu hören bekamen, dürfte ihnen runtergegangen sein wie Öl.
Ungefährer Inhalt: “Sie wissen dass sie ein weit überdurchschnittlich begabtes Kind haben?” – Es ging dann wohl in die Richtung Hochbegabung und sie sollten mich fördern etc. – Auf jeden Fall waren meine Eltern völlig begeistert, vor allem nach den Problemen die Sie mit mir in der Grundschule hatten.

Gegen Ende der Realschule definierte ich mich also nur noch durch meine schulischen Leistungen und meinen sozialen Aktivitäten, wie Pausenhof-Verkauf. Der Mensch, der ich war und bin stand endgültig nicht mehr im Fokus. Ich glaube das war auch der Zeitpunkt ab dem ich nur noch so funktionierte wie ich dachte, dass es von mir erwartet wurde. Ich ging auf keine Parties. Mit Alkohol, Drogen und Zigaretten konnte ich absolut nichts anfangen. Für eine Beziehung war ich noch viel zu naiv oder einfach noch nicht bereit. Zwar gab es wohl Annäherungsversuche von Mädchen, aber wirklich mitbekommen habe ich sie nicht.

Im letzten Schuljahr wurde ich zum Klassensprecher gewählt. Ein riesen persönlicher Erfolg. Ich machte meinen Realschulabschluß mit 2,0. Und wusste das ich irgendwas in Richtung Computer machen wollte. Damals ging das nur über ein Studium und ich entschied mich, mein Abitur an einem Wirtschaftsgymnasium zu machen. Lustige Anekdote – die Klassenlehrerin meinte noch mit Computer kann man nichts werden. So kann man sich irren 😉

Und somit geht es dann im nächsten Teil mit dem Abitur.

Stichworte: Frauenkleidung Intimrasur Mathematik Pubertät Realschule Selbstvertrauen Selbstzweifel

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